Reihe: Tree of Life

Coeloplana astericola Mortensen, 1927

Namensbedeutung

Der Gattungsname dieser etwas kuriosen Rippenquallenart geht auf das Jahr 1880 zurück, als der russische Biologe Alexander Kowalevsky (1840-1901) einen seltsamen Organismus aus dem Roten Meer beschrieb. Kowalevsky lehrte damals in Odessa und war ein bekannter und mit seinen Arbeiten bis heute bedeutender Embryologen – allerdings nicht nur für menschliche Embryonen, sondern gerade auch für die Embryonalentwicklung von Wirbellosen. Jedenfalls erweckte der Organismus aus dem Roten Meer bei Kowalevsky den Eindruck, irgendwie eine Übergangsform zwischen Hohltieren (Coelenterata; darunter fasste man Nesseltiere (Cnidaria) und Rippenquallen (Ctenophora) zusammen) und den Planarien (einer Gruppe von Plattwürmern) zu sein. Daher benannte er die neue Art als Coeloplana metschnikowii: Der Gattungsname hebt tatsächlich auf die ersten Silben von Coelenterata und Planarien ab, wortwörtlich übersetzt würde er etwa „hohl und flach“ bedeuten (coelos = „hohl“, planus = „flach“); mit dem Artnamen ehrte Kowalevsky seinen Kollegen Ilja Metschnikow. Um diese Art soll es hier aber nicht weiter gehen.

Jahrzehnte später beschrieb Ole Theodor Jensen Mortensen (1868-1952) dann Coeloplana astericola. Mortensen war ein dänischer Zoologe, dessen Spezialität eigentlich Seeigel waren. Von 1914 bis 1916 unternahm er eine lange, ausgedehnte Reise rund um den Pazifik, um dort Seeigel zu sammeln – sie führte ihn von Japan über die Philippinen und Indonesien nach Australien, Neuseeland und Hawaii, sogar nach Panama. Dabei sammelte er nicht nur viele Seeigel, sondern auch andere Meeresorganismen, zum Beispiel Seesterne. Und auf einem Seestern fand er diese Rippenqualle. Er taufte sie deshalb auf den Namen Coeloplana astericola – der Artname bedeutet so viel wie „Sterne bewohnend“. Die Erstbeschreibung erschien erst 1927, weil die Auswertung der Aufzeichnungen und gesammelten Proben von Mortensens Expedition so lange dauerte und deren Ergebnisse daher in mehreren Bänden im „Videnskabelige Meddelelser Danks Naturhistorisk Forening“ veröffentlicht wurden. Die Beschreibung von Coeloplana astericola war Teil 39 der Reihe.

Synonyme

Man mag es ja fast nicht glauben: Keine Synonyme! Es haben sich so wenige Bearbeiter mit dem Tier näher befasst, dass sich niemand zu einem neuen Namen berufen fühlte.

Phylogenie

Animalia; Eumetazoa; Ctenophora; Platyctenida; Coeloplanidae; Coeloplana.

Coeloplana astericola gehört zu einer sehr ungewöhnlichen Rippenquallengruppe: den Platyctenida. Diese Gruppe weicht so stark von dem ab, was man als grundlegende Anatomie der Rippenquallen voraussetzt, dass man kaum darauf käme diese Tiere als Rippenquallen anzusprechen. Die Anatomie werden wir weiter unten noch genauer beleuchten. Hier möchte ich darauf hinaus, dass ja die innere Systematik der Rippenquallen grad immer noch etwas baustellig ist. Und ausgerechnet dabei hilft scheinbar die Kuriosität der Platyctenida. Diese Gruppe ist innerhalb der Rippenquallen gerade aufgrund ihrer ungewöhnlichen Spezialisierung sehr gut abgrenzbar. Wo bei anderen, mehr oder weniger sphärischen Rippenquallen wie der Seenuss (Mertensia ovum) die morphologischen Merkmale zur gegenseitige Unterscheidung relativ wenig hergeben und die Ergebnisse morphologischer Stammbaumanalysen gelegentlich schwer mit Genanalysen in Einklang zu bringen sind, erweisen sich die Vertreter der Platyctenida als optisch erfreulich herausstechend. Entsprechend deckt sich die Zuordnung von Arten zu dieser Gruppe aufgrund morphologischer Merkmale sehr gut mit den genetischen Erkenntnissen. Allerdings macht grad diese extrem gute Abgrenzbarkeit es relativ schwer, nur aufgrund der Morphologie das Verhältnis der Platyctenida zu den anderen Rippenquallen zu bestimmen. Umso erstaunlicher ist es, dass die Position der Gruppe innerhalb der Rippenquallen bei Genanalysen der letzten Jahre dann aber erstaunlich stabil blieb (im Gegensatz zum Beispiel zur Seenuss). Die diesbezüglichen Ergebnisse sprechen eine recht eindeutige Sprache: Die Platyctenida sind eine sehr basale Abspaltung vom Hauptzweig der Rippenquallen, gingen also sehr früh ihren eigenen Entwicklungsweg. Schaut man sich die Andersartigkeit im Vergleich zu anderen Rippenquallen an, verwundert dieser Befund nun überhaupt nicht.

Eine der kleinen Untergruppen der Platyctenida, die Familie der Coeloplanidae, wurde jüngst ebenfalls näher genetisch untersucht. Eine israelisch-niederländisch-britische Forschergruppe untersuchte vier genetische Marker innerhalb dieser Gruppe und prüfte, wie stark sich diese Marker zwischen den verschiedenen Arten der Familie unterschieden. Es zeigte sich, dass vor allem ein als Cytochrome Oxidase Subunit I (COI) bezeichneter Marker aus der mitochondrialen DNA dazu eignete, die verschiedenen Arten der Coeloplanidae voneinander zu unterscheiden, während die anderen Marker sich als viel zu ähnlich bei den verschiedenen Arten herausstellten. Solche Untersuchungen sollen künftig dazu führen, schon anhand kleinster Proben aus einem bestimmten Gewässer die darin lebenden Arten bestimmen zu können – wie mit einem Barcode, ohne das gesamte Tier vor sich zu haben. Dieses angestrebte Ziel ist als molekulares Barcoding bekannt und derzeit ein sehr umtriebiges Forschungsfeld.

Verbreitung

Die Verbreitung von Coeloplana astericola ist noch unzureichend aufgeklärt. Die Exemplare, die Mortensen zur Erstbeschreibung heranzog, hatte er auf der Insel Ambon gesammelt, die zu den Molukken zählt. Die Inselgruppe gehörte damals zu Niederländisch-Indien, heute liegt sie im Osten von Indonesien. Ambon selber liegt etwa 650 km östlich von Sulawesi, auf etwas mehr als dem halben Weg zu Neuguinea. Ein weiteres Vorkommen von Coeloplana astericola wird für die Kei-Inseln vermeldet, rund 500 km südöstlich von Ambon. Constantin Dawydoff verzeichnet im Jahre 1955 weitere Vorkommen von Coeloplana astericola von Itu Aba (heutiger chinesischer Name: Taiping Dao, die Hauptinsel des Tizard-Atolls in der Gruppe der Spratly-Inseln im Südchinesischen Meer) und von der Insel Côn Sơn (von Dawydoff noch mit dem älteren Namen Poulo Condor bezeichnet, eine Insel vor der Küste des südvietnamesischen Mekong-Deltas). 2012 wurde die Art auch aus den Gewässern rund um die Insel Tre gemeldet, die in den Küstengewässern vor der vietnamesischen Küstenstadt Nha Trang liegt. Weitere Vorkommen sind in der Sulusee vor der Nordostküste Borneos, von der Nordspitze Sulawesis und aus den Gewässern Balis und Timors bekannt. Dies würde für eine durchaus größere Verbreitung dieser Rippenqualle im südostasiatischen Raum sprechen, dessen Grenzen aber noch herauszufinden wären. Festzuhalten bleibt aber, dass Coeloplana astericola nicht im gesamten Verbreitungsgebiet der von ihr besiedelten Seesterne vorkommt.

Eine ältere Angabe, die Art wäre auch vom Great Barrier Reef vor Küste Queenslands bekannt, geht vermutlich auf eine Fehlidentifikation und eine falsche Übersetzung einer französischsprachigen Quelle zurück. Jedenfalls ist dieses vermeintliche Vorkommen nach meinem Kenntnisstand nicht bestätigt.

Fig. 1

Fig. 1: Ein ungefährer Überblick über die bekannten Vorkommen von Coeloplana astericola. 1: Ambon, Typuslokalität. 2: Kei-Inseln, ebenfalls seit Mortensens Arbeit bekannt. 3: Bali, u.a. durch fotografische Nachweise bekannt. 4: Die Sulu-See nordöstlich von Borneo, belegt durch Fotomaterial und Gennachweise nach Alamura et al. 2017. 5: Itu Aba bzw. Taiping Dao bei den Spratley-Inseln, beschrieben von Dawydoff1955. 6: Côn Sơn, ebenfalls 1955 von Dawydoff vermeldet. 7:Nha Trang, berichtet in Antokhina & Britayev 2012. 8: Timor, fotografische Belege. 9: Nordostspitze von Sulawesi, ebenfalls fotografische Belege. Quelle: Karte von Google Maps, bearbeitet durch Pirat.

Ganz schön platt

Man fragt sich schon was das für Viecher sind, die sich gelegentlich in recht großer Zahl auf dem Luzon-Seestern (Echinaster luzonicus) tummeln. Sie sind oval mit vielleicht leicht unregelmäßigem Rand, einem erkennbar dickeren Zentrum und besitzen eine cremefarbene bis gelbliche Grundfarbe mit vielen kleinen rötlichen Punkten, die manchmal auch große, breite, unregelmäßige Flecken bilden. Die Tiere sehen aus wie die bunten Plattwürmer, die man viel in tropischen Riffen findet. Während da nicht diese beiden komischen verzweigten Fäden, die von den Tieren ausgehen und in der Strömung schaukeln.

Tatsächlich sind es keine Plattwürmer. Coeloplana astericola, meist nur wenige Zentimeter groß, nach manchen Angaben bis zu 18 cm in der größten Ausdehnung messend, ist tatsächlich eine Rippenqualle. Allerdings mit sehr spezialisierter Anatomie. Das beginnt wieder einmal bei der Symmetrie. Grundsätzlich hat eine erwachsene Coeloplana astericola natürlich die Symmetrie wie man sie zum Beispiel auch bei der Seenuss vorgefunden hat. Aber: das Tier ist stark abgeflacht entlang der Achse zwischen oralem und aboralem Körperende. Zugleich ist es auch leicht komprimiert entlang der Achse, die sowohl senkrecht dazu als auch senkrecht zur Linie zwischen beiden Tentakeln liegt. Im Ergebnis hat man einen sehr flachen Organismus, der in der Aufsicht grob oval ist. Ein wenig, als wenn man auf eine normale Rippenqualle draufgehauen hätte. Diese Veränderung der symmetrischen Verhältnisse geht aber mit noch weiteren Veränderungen einher, die noch wesentlich tiefgreifender sind.

Zum Beispiel hat diese Rippenqualle wie alle Vertreter der Platyctenida das eigentlich namengebende Merkmal, die Rippen aus irisierenden Plättchen, vollkommen verloren. Stattdessen gibt es bei Coeloplana astericola vier erhabene Wülste, die von der Statozyste auf der faktischen Körperoberseite ausgehen und jeweils vier verdickte Erhebungen (Papillen) tragen und insgesamt das grobe Muster einer 8 ergeben. Ähnliche Papillen und Wülste gibt es bei allen Platyctenida, ihre genaue Ausbildung ist hilfreich zur Artunterscheidung. Immerhin: Genau wie bei anderen Rippenquallen auch finden sich rund um die Statozyste die stark bewimperten Polplatten, die wichtige Sinnesorgane darstellen, die vermutlich auch weiterhin dem Tier wichtige Informationen über seine Lage im Raum liefern. Schwimmen können die Tiere so aber nicht mehr. Stattdessen können sie kriechen und das mittels eines muskulösen Gewebes auf der faktischen Körperunterseite rund um den Mund, das sich aus dem früheren Schlundgewebe entwickelt hat und nun eine Art Kriechsohle bildet, wie man sie sonst gelegentlich von Plattwürmern kennt.

Fig. 2

Fig. 2: Dieses Bild zeigt ein deutlich geschecktes Exemplar von Coeloplana astericola, 2014 bei der Insel Lembeh vor der Nordostspitze von Sulawesi aufgenommen. Man erkennt die entfalteten Tentakel mit den Tentillen. Quelle: Wikipedia/ R. Zerpe.

Die inneren Organe stellen bei genauerem Hinsehen letztlich auch eine modifizierte Version des Rippenquallenbauplans dar. Das Verdauungssystem besteht im Grunde aus einem Hauptraum, der als Magen fundiert, von dem wie bei anderen Rippenquallen auch Kanäle ausgehen. Diese sind hier jedoch komplexer verzweigt. Wie bei normalen Rippenquallen auch gibt es lediglich kleine Analporen nahe der Statozyste, die neben der Mundöffnung das Verdauungssystem mit der Außenwelt verbinden. Innerhalb des Kanalsystems liegen bei Coeloplana astericola auch die weiblichen Geschlechtsorgane (Eierstöcke). Ähnlich wie andere Rippenquallen auch ist Coeloplana astericola ein Zwitter, doch wie bei allen Platyctenida gibt es hier einen Unterschied zu den restlichen Rippenquallen: Die männlichen Geschlechtsorgane, ungefähr sowas wie unsere Hoden, liegen nicht ebenfalls in dem Kanalsystem, sondern in separaten Taschen direkt daneben.

Am ehesten an normale Rippenquallen erinnern noch die Tentakel von Coeloplana astericola. Sie können in entsprechende Taschen auf der Körperoberseite zurückgezogen werden. Voll entfaltet sind sie um ein mehrfaches länger als das Tier selber und von dem Haupttentakel gehen in regelmäßigen Abständen kürzere Tentillen ab. Diesbezüglich gleichen die Tentakel von Coeloplana astericola stark denen der Seenuss. Sie sind auch hier mit Klebezellen, sogenannten Colloblasten, besetzt.

Leben auf einem Stern

Coeloplana astericola ist eine nur wenig erforschte Art. Sicher ist, dass man sie in der erwachsenen Form stets auf Seesternen findet. Meistens scheint sich Coeloplana astericola auf dem Luzon-Seestern niederzulassen, gelegentlich findet man diese Rippenqualle aber auch auf anderen Seesternen: In vietnamesischen Gewässern zum Beispiel findet man Coeloplana astericola auch auf dem Knotigen Walzenseestern (Protoreaster nodosus) und auf dem Beulenseestern (Echinaster callosus). Die Färbung der Rippenqualle variiert dabei stark (wie oben beschrieben), wobei unklar ist, ob es dabei einen Zusammenhang mit dem Seestern gibt, auf dem sich die Tiere befinden. Je nach Größe des Seesterns können über ein Dutzend Exemplare von Coeloplana astericola auf diesem leben.

Auf dem Seestern kann sich Coeloplana astericola kriechend bewegen. Um selbst Beute zu machen, entfaltet die Rippenqualle ihre Tentakel mit den Tentillen und lässt sie in der Strömung treiben. Hier bleiben dann planktonische Organismen an den Colloblasten kleben. Gelegentlich werden die Tentakel dann wieder eingeholt und von ihren Taschen ausgehend rinnenartige Falten der Körperoberfläche gebildet. Durch diese Falten werden dann mittels einer Bewimperung der Körperoberfläche die Nahrungspartikel zur Unterseite und dort zum Mund gestrudelt.

Etwas unklar ist, welcher Art die Beziehung zwischen Coeloplana astericola und den Seesternen besteht. In der Literatur wird wahlweise von einer Symbiose (in dem Falle wäre Coeloplana astericola ein Exosymbiont des Seesterns) oder Kommensalismus gesprochen. Letzteres beschreibt ein Verhältnis, bei dem eine Art (der Kommensale) auf oder in einer anderen Art (dem Wirt) lebt und davon profitiert, die andere Art aber weder einen Vor-noch einen Nachteil davon hat. Allerdings wird normalerweise impliziert, dass der Kommensale dabei abhängig vom Wirt ist. Man kann sicherlich annehmen, dass Coeloplana astericola durch die erhöhte Position auf dem Seestern etwas besser die Tentakel in die Strömung halten und damit vielleicht mehr Beute machen kann. Vielleicht spart diese Rippenqualle auch Energie dadurch, dass sie von der Fortbewegung des Seesterns profitiert – Strecken, die der Seestern seine Mitbewohner mitträgt, muss Coeloplana astericola nicht selber kriechen. Umgekehrt scheint der Seestern keinen erkennbaren Vor-oder Nachteil von der Besiedelung durch die Rippenquallen zu haben. Wobei es vielleicht einen Gedanken wert wäre, darüber nachzudenken, ob die fleckig gefärbten Rippenquallen die Kontur des Seesterns auflösen und dadurch einen gewissen Tarnungseffekt bieten. Allerdings gibt es keine nähere Untersuchung dazu. Auch weiß man nicht, wie unbedingt nötig Coeloplana astericola den Kontakt zum Seestern hat, auch wenn auffällt, dass man die erwachsenen Exemplare der Art praktisch nur auf den genannten Seesternarten findet. Die genauen Abhängigkeitsbedingungen zwischen beiden Partnern dieser Beziehung sind aber wie gesagt nicht ausreichend erforscht.

An dieser Stelle seien ein paar Worte an sonstige Lebensraumansprüche von Coeloplana astericola verloren. Die Tiere sind bisher nur aus flachen, küstennahen, tropisch-warmen Gewässern bekannt, aus Tiefen von maximal 20 m. Damit folgt die Art natürlich auch den Ansprüchen ihrer Seestern-Wirte. Diese halten sich auch vor allem in und um Korallenriffe auf. Wichtig aus Sicht der Rippenqualle dürfte dabei sein, dass sich im Wasser viel Plankton und damit Beute befindet. In diesem gesamten Kontext kann man sich überlegen, wie sich die vom Menschen hervorgerufenen Veränderungen auf Coeloplana astericola auswirken. Als gefährdet oder bedroht ist die Art nun nicht eingestuft, man weiß auch gar nicht genug über ihren Bestand dafür. Der Rippenqualle selber mag eine leichte Erhöhung der Wassertemperatur eventuell nicht schaden. Allerdings könnte das Absterben der Korallenriffe in Folge der Klimaerwärmung und des Meeresspiegelanstiegs den Wirten von Coeloplana astericola, also den Seesternen, die Lebensgrundlagen entziehen. Auch könnte die zunehmende Versauerung der Ozeane (verursacht durch den steigenden Kohlendioxid-Gehalt der Atmosphäre) negative Auswirkungen auf die Seesterne haben, die immerhin ein Kalkskelett besitzen. All diese Veränderungen könnten außerdem negative Auswirkungen auf das Plankton haben und damit auf die Ernährungsgrundlage von Coeloplana astericola. Hinzu könnten Probleme mit Mikroplastik kommen: für jeden Plastikpartikel, den die Rippenqualle aus dem Wasser fischt, fehlt im Grunde ein echter Nahrungspartikel.

Diese Überlegungen sind hier rein spekulativ, sollen aber zeigen, dass unser Wirken als Menschheit auch wenig bekannte und bisher kaum erforschte Organismen treffen können, deren Verschwinden für sich genommen wir womöglich kaum bemerken würden. Unsere gesamte Umwelt wird aber von sehr vielen dieser wenig bekannten Arten bewohnt und wenn diese alle verschwinden würden, könnten die Auswirkungen auf uns Menschen merkbarer werden, als wir uns das wünschen.

Fig. 3

Fig. 3: Ein Luzon-Seestern (Echinaster luzonicus), der von einer ganzen Schar von Coeloplana astericola besiedelt ist. Diese Exemplare zeigen eine feinere Punktierung. Ihre Tentakel wehen in der Strömung. Das Foto entstand vor der Küste Osttimors. Quelle: Wikipedia/ Nick Hobgood.

Fortpflanzung

Wie wenig wir eigentlich über Coeloplana astericola wissen, zeigt sich auch beim Thema Fortpflanzung. Es gibt nur wenige bruchstückhafte Informationen, die teilweise auch von nahe verwandten Arten aus der Gruppe der Platyctenida stammen und als repräsentativ für die gesamte Gruppe angesehen werden.

Bemerkenswert ist, dass es scheinbar zwei Fortpflanzungsweisen bei diesen Rippenquallen gibt: eine asexuelle und eine sexuelle. Dies ist innerhalb der heute lebenden Rippenquallen zumindest einzigartig. Die asexuelle Vermehrung scheint als eine Art Knospung aufzutreten, wenn sich vom Körperrand Abschnitte abtrennen und dann zu neuen Exemplaren weiterentwickeln. Dies ist für Coeloplana astericola jedoch wenig erforscht, könnte aber mit erklären, warum häufig so viele Exemplare dieser Art auf einem Seestern zu finden sind.

Daneben gibt es, wie bei Rippenquallen wesentlich üblicher, natürlich auch die sexuelle Fortpflanzung. Theoretisch ist Coeloplana astericola ein Zwitter, man kann aber wohl vermuten, dass ähnlich wie bei anderen Rippenquallen auch die weiblichen und männlichen Geschlechtsorgane zu unterschiedlichen Zeiten reifen, was das Risiko einer Selbstbefruchtung senkt. Die Spermien werden von den Tieren ins Wasser entlassen und dann von anderen Individuen wieder eingefangen und aufgenommen. Vermutlich über den Verdauungstrakt gelangen sie zu den Eileitern und können die Eier befruchten. Wonach sich jedoch die Fortpflanzungszeit der verschiedenen Exemplare von Coeloplana astericola synchronisiert ist unbekannt.

Bekannt ist, dass sich aus den befruchteten Eiern in speziellen Taschen im Körpergewebe freischwimmende Larven entwickeln, die dann mit einigen Millimetern Größe ins Wasser entlassen werden. Diese Larven sind für die aktive Ausbreitung der Art zuständig und sehen anderen Rippenquallen wesentlich ähnlicher als die erwachsenen Tiere: Die sogenannte Cydippida-Larve ist mehr oder weniger sphärisch, besitzt noch die typischen Kammrippen aus Wimpernplättchen und sehen im Grunde wie kleine Versionen wesentlich bekannterer Rippenquallen wie der Seenuss aus. Erst wenn sie rechtzeitig einen geeigneten Untergrund erreicht haben, im Falle von Coeloplana astericola also einen Seestern, beginnt die Transformation zu einer geplätteten Rippenqualle:

Der Körper flacht sich ab, wobei die Mesogloea teilweise zurückgebildet wird. Das Schlundgewebe wird nach außen gestülpt und stark erweitert, wodurch die Kriechsohle entsteht. Die Kammrippen werden zurückgebildet, bis nur noch die Papillen verbleiben. Die vom Verdauungssystem ausgehenden Kanäle verzweigen sich stärker. Am Ende steht ein Tier, das mit einer normalen Rippenqualle wirklich nichts mehr gemein hat. So kurios dies scheint, es zeigt doch, dass der Rippenquallenbauplan durchaus einige Modifikationen aushalten kann.

Fig. 4

Fig. 4: Eine ganze Schar fein gepunkteter Coeloplana astericola auf einem Seestern der Gattung Echinaster, aufgenommen in der Sulu-See vor Borneos Küste. Die Tentakel bilden das reinste Gespinst im Wasser. Quelle: Alamura et al. 2017.

Literatur

Alamaru, A., Hoeksema, B.W., van der Meij,S.E.T. & Huchon, D. 2017. Molecular diversity of benthic ctenophores (Coeloplanidae). – Scientific Reports 7: 6365.

Antokhina, T.I. & Britayev, T.A. 2012. Sea Stars and their Macrosymbionts in the Bay of Nhatrang, Southern Vietnam. – Paleontological Journal 46, 8: 894-908.

Dawydoff, C. 1952. Contribution a l’étude des invertébrés de la faune marine benthique de l’Indochine. – Bulletin Biologique de la France et de la Belgique, Supplément 37: 1-158.

Gershwin, L.-A., Zeidler, W. & Davie, P.J.F. 2010. Ctenophora of Australia. –in: Davie, P.J.F. & Phillips, J.A.(Editors): Proceedings of the Thirteenth International Marine Biological Workshop, the Marine Fauna and Flora of Moreton Bay, Queensland. Memoirs of the Queensland Museum 54: 1-45.

Gordon, D.P. 1969. A platyctenean ctenophore from New Zealand. – New Zealand Journal of Marine and Freshwater Research 3, 3: 466-471.  

Kowalevsky, A. 1880. Über Coeloplana metschnikowii.Zoologischer Anzeiger 3: 140-141.

Simion, P., Bekkouche, N., Jager, M., Quéinnec, E. & Manuel, M. 2015. Exploring the potential of small RNA subunit and IST sequences for resolving phylogenetic relationships within the phylum Ctenophora. – Zoology 118: 102-114.

Whelan, N.V., Kocot, K.M., Moroz, T.P., Mukherjee, K., Williams, P., Paulay, G., Moroz, L.L. & Halanych, K.M. 2017. Ctenophore relationships and their placement as the sister group to all other animals.- Nature Ecology & Evolution 1: 1737-1746.

https://de.wikipedia.org/wiki/Platyctenida

https://en.wikipedia.org/wiki/Coeloplana_astericola

https://reefguide.org/coeloplanaastericola.html

Danksagung: Besonderer Dank geht an Sonja Beckmann für ihre Übersetzung der französischsprachigen Quelle Dawydoff 1955.